Mit steigenden Zinsen sind Geldmarktanlagen wieder populärer geworden. Ohne große Schwankungsrisiken bieten sie Gelegenheit, das Leitzinsniveau effizient abzugreifen. Sie gelten als Instrumente mit geringen Risiken, da sie definitionsgemäß mit kurzen Laufzeiten und üblicherweise hohen Bonitätsniveaus versehen sind. Relativ zu anderen Anlagen tragen sie jedoch ein oft vergessenes Risiko – das Wiederanlagerisiko.
Mit fallenden Leitzinsen fällt auch das Ertragspotential dieser Instrumente. Kommend von einer Spitze von 4,0 % liegt der EZB-Einlagenzins aktuell noch bei 3,25 % und wird aller Voraussicht nach beim nächsten Sitzungstermin der EZB im Dezember weiter gesenkt. Wird das Wiederanlagerisiko damit noch hinreichend vergütet?
Anleger sollten beachten, dass der vollständige Wert eines Geldmarktinvestments über die klassische Rendite hinaus geht. Wichtiger als die Rendite ist die Optionalität der Anlage, also die Flexibilität, jederzeit Umschichtungen vornehmen zu können, sobald sich Gelegenheiten in anderen Anlageklassen eröffnen.
Dieser Wert der Optionalität ist nicht für alle Anleger gleich. Für Anleger mit weitgehend statischen Portfolios, vordefinierten Rebalancing-Intervallen oder „Buy and Hold“ Strategien bietet Optionalität nur einen geringen Mehrwert, da sie meist nicht optimal genutzt werden kann, wenn sie am wertvollsten ist. Für hoch flexible, aktive Investoren, die jederzeit die relative Attraktivität der globalen Anlageklassen prüfen und in der Lage sind, opportunistisch in eine Vielzahl von Märkten zu investieren, hat Optionalität hingegen einen sehr viel höheren Stellenwert.
Trockenes Pulver
Mit liquiden Euro-Geldmarktpositionen haben aktive Anleger eine gute Basis an „trockenem Pulver“, um für Umschichtungen bereit zu sein. Mehr Potential lässt sich heben, wenn diese Basis mit weiteren optionsträchtigen Bausteinen komplementiert wird.
Geldmarktpositionen aus anderen Währungsräumen bieten sich als solche Komplementäre an: Hier gibt es nicht nur teils attraktivere Realzinsen als im Euro. Zudem können die Währungsdynamiken gerade in Stressphasen stabilisierend auf ein Portfolio einwirken, wenn „sichere Hafen“-Währungen wie etwa der Schweizer Franken, der US-Dollar, der Singapur-Dollar und der japanischen Yen zum Einsatz kommen. Diese Währungen spielen ihre Stärken in unterschiedlichen Marktphasen aus und bereiten ein globales Portfolio damit für eine ganze Reihe von möglichen Szenarien vor.
Auch andere Anlageklassen und Derivate können wertvolle Beiträge liefern, um die Optionalität eines Portfolios zu erhöhen. Entscheidend ist, dass eine Position sowohl ein zu den traditionellen Anlageklassen Aktien und Renten möglichst unkorreliertes Ertragspotential liefert als auch hinreichend liquide ist, um im Bedarfsfall für Umschichtungen in Frage zu kommen.
Fazit
Der Zugang zu verlässlichen Finanzierungsquellen ist gerade in Stressphasen ein entscheidender Schlüssel für den Portfolioerfolg. Marktstress entsteht vor allem dann, wenn etwas Unerwartetes eintritt. Höhere Optionalität bedeutet geringere Verwundbarkeit durch solche Unsicherheiten. Es bietet eine Sicherheitsmarge für das Unerwartete, es bedeutet verlässlicheren Zugang zu Finanzierungsquellen, wenn traditionelle Zugänge versagen.
Wohl diversifizierte, aktive Portfolios verfügen daher idealerweise über eine gut durchdachte Kombination aus Instrumenten, die den vollen Wert der Optionalität in der Allokation aktivieren können und damit dem Gesamtportfolio zu Robustheit und Resilienz verhelfen.